Der Tiefenstaat | Von Paul Schreyer

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Der Begriff „Tiefenstaat“ ist schillernd und reich an Anspielungen. Man denkt dabei an „dunkle Mächte“ und Verschwörungen – großes Kino jedenfalls, voller Intrigen und finsterer Hintermänner. Doch der Tiefenstaat ist gerade kein platter „Club der Weltverschwörer“, der überall und jederzeit sämtliche Fäden zieht. – Ein Auszug aus dem 2018 erschienenen Buch „Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie?“ Von Paul Schreyer. Ähnlich wie das komplexe Gebilde Staat bezeichnet auch der Begriff Tiefenstaat keine definierte Organisation mit Mitgliederliste und einem Big Boss an der Spitze, sondern ein eng verflochtenes Milieu aus Reichen, Regierungsbeamten, Geheimdienstlern und Militärs, die sich informell organisieren und unabhängig von Wahlergebnissen und Parlamenten versuchen, den Einfluss der eigenen Kreise zu sichern. Ein gutes Beispiel für solche Netzwerke bietet die Entstehung der CIA. Der berühmte amerikanische Geheimdienst wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht etwa von der Regierung oder dem Parlament konzipiert, sondern von Bankern. Im Zentrum der Planungen stand der weltgewandte Diplomat und Wall-Street-Anwalt Allen Dulles, der damals als Präsident dem „Council on Foreign Relations“ vorstand, einem mächtigen privaten Eliteclub – vom Spiegel einmal als „Politbüro für den Kapitalismus“ bezeichnet (1) –, der im Wesentlichen die Interessen des Finanzsektors vertrat und der bis heute versucht, die Ziele der großen Banken und exportorientierten Konzerne in offizielle staatliche Außenpolitik zu übertragen. (2)