Die Rede vom ökologischen „Umbau“ der Industriegesellschaft ist inzwischen über alle politischen
Lager hinweg zum Gemeinplatz geworden. Unterstellt wird dabei, dass wir die nötigen Reduktionen
und schließlich die CO2-Neutralität allein mittels effizienterer technischer Verfahren erreichen, dass
wir die Energie, die bislang aus fossilen Quellen stammt, problemlos durch erneuerbare Energien
substituieren können. Wer allerdings seriös rechnet, kommt an dem Befund nicht vorbei, dass ein
Umbau zwangsläufig mit einem Rückbau einhergehen muss, dass wir den absoluten Verbrauch an
Energie und anderen Ressourcen drastisch absenken müssen. Eigentlich sagt es einem der
Hausverstand: Erneuerbare Energiequellen weisen eine viel geringere Energiedichte auf als fossile, sie
haben ein beschränktes Potenzial und ihre ehrlich gerechnete Energiebilanz ist eher ernüchternd.1 Die
meisten Energiewendeszenarien verschiedener Umweltorganisationen und Umweltinstitute legen
bereits die verkürzte Fragestellung zugrunde, wie viel an fossiler Energie man in welchem Zeitraum
durch erneuerbare Energien substituieren muss. Den konkreten Nachweis der entsprechenden
Potenziale bleibt man dabei in der Regel schuldig. Die unbequeme Einsicht, dass wir an einer
absoluten Reduktion des Verbrauchs nicht vorbeikommen, wird tabuisiert. Dazu kommt, dass die
Diskussion meist auf die Elektrizität verkürzt wird, die aber in Deutschland lediglich 20 % des
Endenergieverbrauchs ausmacht.
Der Gesamtenergieverbrauch in Deutschland, der neben elektrischem Strom Raumwärme, Verkehr,
Prozessenergie etc. umfasst, beträgt derzeit jährlich 2500 TWh. Eine im Auftrag des WWF erstellte
Studie hat errechnet, dass in Deutschland ein Potenzial von erneuerbaren Energien ausgeschöpft
werden könnte, das insgesamt 700 TWh bereitstellt.2 Auch wenn da und dort etwas optimistischer
gerechnet wird – das Bundesumweltamt etwa geht von einem Potenzial von 800 bis 900 TWh aus –,
klafft eine große Lücke zwischen unserem derzeitigen Energieverbrauch und dem, was uns aus
erneuerbaren Quellen theoretisch zur Verfügung steht. Diese Lücke wird auch nicht mithilfe von
Importen aus sonnenreichen Gegenden wie etwa Nordafrika zu füllen sein. Wer sich etwa mit dem
inzwischen gescheiterten Desertec-Projekt auseinandergesetzt hat, das lediglich 15 % des
Strombedarfs der EU decken sollte, und den gigantischen Materialaufwand ehrlich in der
Energiebilanz berücksichtigt3, der weiß auch um die Grenzen dieser Potenziale – abgesehen davon,
dass Deutschland nicht das einzige Land sein dürfte, das hier entsprechende Begehrlichkeiten
entwickelt.