Nach der Bundestagswahl 2021 tritt die Ampelkoalition
aus SPD, Grünen und FDP mit dem Versprechen an, ein
„Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“
zu sein. Sie erkennt die Klimakrise als Bedrohung
unserer Lebensgrundlagen an. Bereits im Wahlkampf
war erkennbar, dass die Klimakrise im Vergleich zu
vorherigen Wahlen zumindest rhetorisch zu einem der
wichtigsten Themen geworden ist. Das ist allem voran
der Erfolg einer globalen Bewegung für Klimagerechtig-
keit, die seit Jahrzehnten auf die Bedrohung durch die
Klimakrise und das Versagen parlamentarischer Politik
aufmerksam macht. Mit dem vorliegenden Klimagerech-
tigkeits-Check schauen wir uns genauer an, welche Ziele
sich die Ampel in Sachen Klimaschutz gesteckt hat,
mit welchen Maßnahmen sie diese erreichen will und
was das für globale Klimagerechtigkeit bedeutet.
Unser Fazit vorweg: Mit ihrer Klimapolitik holt die Ampel
eine längst überfällige ökologische Modernisierung
der deutschen Wirtschaft nach. Damit ist die Klimapoli-
tik Deutschlands zwar ambitionierter als jemals zuvor,
aber gleichzeitig vollkommen unzureichend, um
die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Denn ein „besser als
bisher“ reicht angesichts der sich zuspitzenden und weit
fortgeschrittenen Klimakatastrophe nicht aus. Statt
eine dringend notwendige Krisenpolitik zu ver
folgen, die effektiv und schnell genug die deutschen
Emissionen senkt und gleichzeitig die Gesellschaft
gerechter macht, verharrt die Ampel im politischen
„Normalbetrieb“. Sie schürt die Illusion, die notwen-
dige Transformation könne allein durch Infrastruktur-
politik – durch mehr erneuerbare Energie, Wasserstoff,
Elektroautos etc. – gelingen, ohne dass sich die Lebens-
und Produktionsweise ändert. Und auch wenn sie
rhetorisch daran festhält, gibt die neue Regierung mit
dem eingeschlagenen Pfad und der damit verbundenen
Abwendung von einem nachvollziehbaren Klimabudget
für Deutschland de facto den Anspruch auf, dass
Deutschland einen angemessenen Beitrag zum Einhal-
ten der 1,5-Grad-Grenze leistet. Damit erschwert sie die
internationalen Bemühungen in diese Richtung.
Unsere Analyse zeigt: Das formulierte Klimaziel von
Klimaneutralität bis 2045, zu dessen Umsetzung noch
vielfach überzeugende Maßnahmen fehlen, läuft auf das
Sechsfache (!) des verbleibenden deutschen CO2-Budgets
für eine 67%-Chance auf 1,5 °C hinaus. Selbst für eine
50%-Chance dürften nur noch zwei Fünftel der geplan-
ten Menge ausgestoßen werden. Das gesamte verblei-
bende 1,5 °C-Budget für eine 67%-Chance wäre so mitten
in der Ampel-Legislatur verbraucht, das für eine
50%-Chance im Jahr nach der nächsten Bundestagswahl
(s. Abbildung 1)!
Eine zentrale Leerstelle der klimapolitischen Vor
haben der Ampel sind umfassende Antworten
auf Gerechtigkeits und Verteilungsfragen. An vielen
Stellen bleibt offen, wer die Kosten für Klimaschutz trägt.
Die Regierung will zwar viel investieren, aber sowohl
Neuverschuldung als auch höhere Steuern vermeiden.
Auch auf globale (Klima-)Gerechtigkeitsfragen gibt
die Ampel keine Antworten: Forderungen nach Repara-
tionszahlungen für historische Klimaschulden werden
ignoriert, während die „grüne“ Wachstumsstrategie
neokoloniale Ausbeutungsverhältnisse bei der Gewin-
nung von Rohstoffen z.B für die Elektrifizierung noch
weiter vertieft.