Den Ökozid-Genozid-Komplex beschreiben: Indigenes Wissen und kritische Theorie in der finalen Phase

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Klimachaos, globale Vergiftung, Massenaussterben. In einem weltweiten sozialen Prozess wurden die biophysikalischen Systeme der Erde verändert, das Klima destabilisiert und der Lauf der Evolution umgelenkt. Ironischerweise wurde das Wissen über die den gesamten Planeten bedrohende Krise in Forschungsprojekten zur Waffenentwicklung im Kalten Krieg gewonnen.1 „Es besteht eine direkte Beziehung“, schreibt die Theoretikerin und Aktivistin Winona LaDuke, eine Anishinaabekwe (Ojibwe), „zwischen dem Verlust von kultureller Diversität und dem Verlust von Biodiversität. Überall dort, wo noch indigene Völker leben, existiert auch eine entsprechende Enklave der Biodiversität.“2 In der Umkehrung gilt dies genauso, in Amazonien wie überall auf der Welt: „Seit 1900“, schreibt die Chickasaw-Dichterin und Schriftstellerin Linda Hogan, „sind mehr als die Hälfte der Stammesvölker Brasiliens ausgestorben.“3 Bereits vor zehn Jahren mahnte der damalige Exekutivsekretär der UN-Konvention für biologische Diversität, Ahmed Djoghlaf, dass jedes Jahr bis zu 55.000 Arten verschwinden, eine Quote, die die natürliche Hintergrund-Aussterberate um ein Tausendfaches übersteigt.4 Biologen sprechen heute üblicherweise vom sechsten Massenaussterben in der Geschichte des Planeten. Das letzte dieser Ereignisse war die Kreide-Tertiär-Grenze (KT-Grenze), bei der vor 66 Millionen Jahren die Dinosaurier ausgelöscht wurden.5 Waren Auschwitz und Hiroshima Manifestationen genozidaler Tendenzen, die sich in der Logik der Moderne entwickeln, dann steht der ökozidale Charakter des globalen sozialen Prozesses heute ebenso außer Zweifel. Die kritische Theorie beginnt gerade erst, über das Verhältnis von Ökozid und Genozid zu reflektieren.6 Doch indigene Stimmen erklären uns, wie sie es womöglich schon immer getan haben, dass diese Prozesse nicht voneinander zu trennen sind. Offensichtlich haben indigene Völker das Problem klarer verstanden und sich stärker betroffen gefühlt als die kritischen Theoretiker. Indigene Völker, die ihre Stimme erheben, die sich direkt an uns Moderne richten und massiv für die Verteidigung der Biosphäre kämpfen, sehen die Gefahr und erleben ein Wiedererstarken, von Idle No More und dem Indigenous Environmental Network bis zu La Via Campesina.7 Nur wenige politische Entwicklungen sind heute dermaßen inspirierend.