Genudelten Konsumenten schadet sogar die Wahrheit nicht! – oder: Neues von der Tagesschau

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Die Stimmungsmache in unseren Leitmedien geschieht in den seltensten Fällen über Fake News. Eher schon über einseitige Perspektiven und das Ausblenden des Kontextes. Hat man den Menschen aber erst einmal das Denken abgewöhnt, kann man ihnen sogar ab und zu straflos relevante Kontextinformationen liefern. Ja, auch die Öffentlich-Rechtlichen Medien liefern manchmal brisante Hintergrundinformationen. Und das sogar zur Primetime! Sie glauben es nicht? Dann schauen Sie sich doch bitte mal die 20 Uhr-Tagesschau vom 1. Juni an. Same procedure … Es begann, im üblich einseitigen Stil, mit einem fast dreieinhalbminütigen Bericht über den von Tagesschau-Reporter Markus Preiß flott „EU & Friends – oder: Ziemlich alle außer Putin“ getauften neuen Gipfeltyp von fast 50 europäischen Staats- und Regierungschefs in der Republik Moldau – einem „Zeichen der Einheit und Solidarität“. Und natürlich galt das besondere Interesse des wortgewaltigen Reporters dem olivgrünen Auftritt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der „nur 20 Kilometer von der ukrainischen Grenze“ erneut um Waffen und Kampfjets bat. „Jedes europäische Land, das an Russland grenzt und nicht von Russland zerrissen werden will, sollte in EU und NATO sein!“, tönte Selenskyj wie gewohnt. „Sonst gibt es nur zwei Optionen: Einen offenen Krieg oder schleichende russische Besatzung.“ Worauf, zum hörbaren Bedauern von Preiß, nur ein wolkiges Statement des Bundeskanzlers folgte. „Wirklich klar“, so zitierte Preiß zustimmend den ukrainischen Präsidenten, „sei nur die NATO“. Soweit, so üblich. Same procedure as last day. Und sogleich folgte der zweite Streich: Ein Bericht über das Treffen der NATO-Außenminister in Oslo, wo man sich einig war, „dass die Ukraine künftig Teil des Bündnisses werden soll. Wann, ist allerdings unklar.“ Die Tür sei offen. „Alle sind einverstanden, dass die Ukraine NATO-Mitglied wird“, so Generalsekretär Jens Stoltenberg. Allerdings erst an einem ominösen „Tag X in der Zukunft“ nach dem Ende des Krieges. Was selbst die junge grüne deutsche Außenministerin unmissverständlich betonte. … und das Wunder! Aber dann gegen Ende des Beitrags, in der Minute 04:48, geschah es: Tagesschau-Reporter Michael Grytz, dem diese nebulöse Perspektive offenbar unerträglich war, konnte nicht mehr an sich halten und schob – fast bockig – nach: „Dabei arbeiten NATO und Ukraine seit 25 Jahren eng zusammen. Obwohl nicht Mitglied, hat die Ukraine sogar an NATO-Militäroperationen teilgenommen, etwa im Kosovo.“ Hand aufs Herz: Hätten Sie diese Sätze, diese „True News“, ausgerechnet in der Tagesschau erwartet? Seit einem Vierteljahrhundert arbeiten also beide Seiten – und zwar „eng“ – zusammen! Und nun erinnern Sie sich mal an Ihren Mathematikunterricht in der zweiten Klasse: 2023 minus 25 = 1998. Hatten Sie damals schon mal den Namen Wladimir Putin gehört?