upg. Graeme Gill ist emeritierter Professor der Universität von Sydney und spezialisiert auf die sowjetische und russische Politik. Das Australian Institute of International Affairs veröffentlichte jüngst eine Reihe von Artikeln, die verneinten, dass die drohende Nato-Erweiterung für den russischen Einmarsch in der Ukraine verantwortlich sei ( hier und hier und hier ). Diese Beiträge waren Repliken auf einen Artikel von Tom Switzer vom 26. Juli 2024. Darin kam Switzer zum Schluss, dass die Tragödie des russischen Angriffs mit ziemlicher Sicherheit hätte vermieden werden können, wenn die US-Führung in den 90er Jahren die Warnungen vieler kluger Gegner der Nato-Erweiterung beherzigt hätte. Die Vorgeschichte des Konflikts wird zweifellos weiter heftig diskutiert. Diejenigen, welche die Rolle der Nato-Erweiterung bestreiten, hinterfragen selten, warum die Angst vor einem Nato-Beitritt der Ukraine für Russland keine Rolle gespielt haben soll. Meistens lehnen sie diese Vorstellung einfach ab. Sie machen geltend, die Russen seien von Natur aus expansionistisch. Oder sie behaupten, dass alles auf Wladimir Putin zurückzuführen sei, der einen Hass auf die Ukrainer hege und schon immer den Wunsch gehabt habe, den ukrainischen Staat zu beseitigen. Sie machen es sich damit einfach. Wer behauptet, dass die Nato bei der russischen Entscheidung für den Einmarsch keine Rolle spielte, muss sich einer Reihe von Fragen stellen: Warum schlug Putin den Nato-Mächten am Vorabend der Invasion eine Sicherheitsvereinbarung vor, die unter anderem die ukrainische Neutralität vorsah (das heisst die Nichtmitgliedschaft in der Nato)? Dies stellte Russland als ausdrückliche Bedingung für den Verzicht auf eine Invasion. Die Nato hat diesen Vereinbarungsvorschlag ohne jegliche Diskussion oder Verhandlung sofort zurückgewiesen. Warum wurde bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine im März/April 2022 in einem Entwurf vereinbart, dass die Ukraine der Nato nicht beitritt, ihre Sicherheit aber durch umfassende Sicherheitsgarantien garantiert werden soll? Dies war eindeutig die Forderung der russischen Seite und wurde von der ukrainischen Seite zunächst akzeptiert. Die Vereinbarung fiel jedoch ins Wasser, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky und seine westlichen Unterstützer nach dem Rückzug der Russen aus Kiew und der Aufdeckung der Gräueltaten von Butscha zu dem Schluss kamen, dass Russland militärisch besiegt werden könne und daher keine Notwendigkeit für eine Vereinbarung bestehe. Warum ist seit Beginn des Krieges die ukrainische Neutralität ein Kernpunkt aller russischen Erklärungen zu Friedensbedingungen? Warum sagte der Generalsekretär der Nato , Jens Stoltenberg, im September 2023 vor europäischen Gesetzgebern: «Putin zog in den Krieg, um di