Wird Donald Trump als Präsident den Ukraine-Krieg sofort beenden, wie er als Kandidat stets behauptet hat? Seit seiner Wahl wird medial emsig darüber spekuliert. «Was der Ukraine mit Trump droht», «Selenski muss mit dem Schlimmsten rechnen» und ähnlich wird kommentiert. Dabei wird übersehen, dass in den USA selbst einflussreichste Strategieexperten für ein schnelles Ende des Krieges eintreten. So jüngst Richard Haass, emeritierter Präsident des renommierten «Council on Foreign Relations», der die als führende Strategie-Zeitschrift für internationale Politik gepriesene «Foreign Affairs» herausgibt. Richard Haass – in den 2000er Jahren enger Berater des damaligen Aussenministers Colin Powell – spricht sich in einem Artikel «Das Perfekte ist in der Ukraine zum Feind des Guten geworden» für ein Abrücken von den bisherigen Maximalzielen aus, um Schlimmeres zu vermeiden. Territorium dürfe nicht durch Androhung oder Anwendung von Waffengewalt erworben werden, Grenzen müssten respektiert werden. Diese Norm müsse gelten, stellt Richard Haass eingangs fest, merkt aber sogleich an: Es sei im Falle der Ukraine «letztlich nicht praktikabel» bzw. wäre es nur, «wenn die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Partner mit eigenen Kräften eingreifen» und ihre 2022 gewählte «indirekte Strategie» über Bord werfen würden. Es würde ein Krieg zwischen der Nato und der Atommacht Russland – mit entsprechend viel grösseren Risiken. Haass meint deshalb: Washington müsse sich «mit der düsteren Realität des Krieges auseinandersetzen» und sich mit einem Ausgang abfinden, dass die Ukraine nicht ihr verlorenes Territorium befreien könne. Die USA sollten den Sieg neu «noch so definieren, dass Kiew souverän und unabhängig bleibt und frei ist, sich allen Bündnissen und Vereinigungen anzuschliessen, die es will». Aber man «sollte sich von der Idee verabschieden, dass Kiew sein ganzes Land befreien muss, um zu gewinnen». Verhandlungen der einzige Weg Die USA und ihre Verbündeten müssten Kiew zu Verhandlungen mit dem Kreml drängen, auch wenn es unpopulär sein mag. Für Haass ist es der «einzige Weg, die Feindseligkeiten zu beenden, die Ukraine als wirklich unabhängiges Land zu erhalten, ihr den Wiederaufbau zu ermöglichen und ein schlimmes Ergebnis sowohl für die Ukraine als auch für die Welt zu vermeiden». Haass führt mehrere Gründe an, weshalb er ihn als einzigen Weg sieht. Um Russland von der Krim oder dem Donbass zu vertreiben, würde die Ukraine Truppen etwa dreimal so zahlreich und leistungsfähig wie Russland benötigen, weil die russischen Verteidigungsstellungen gut befestigt seien. Kiew benötige aber die meisten seiner Truppen dafür, um nur 80 Prozent des ihm verbliebenen Territoriums zu verteidigen. Die westlichen Partner könnten ihm auch gar nicht Waffen und Munition in dem von der Ukraine gewünschten Umfang liefern. Die USA müssten nicht nur der Ukraine Waffen liefern, sondern auch Israel und Taiwan, abgesehen von den Waffen, die sie selber benötigten. Indem der Westen keine realistische Definition des Sieges anbiete, verringere er auch den Druck auf Russland. Weil beide Seiten auf Maximalpositionen verharrten, bleibe wenig Raum für ernsthafte Diplomatie. Ohne diplomatische Bemühungen des Westens könne aber Vladimir Putin behaupten, dass er nicht das grösste Hindernis für ein Ende des Krieges sei. Er gerate deshalb international nicht unter Druck – wie es sich gerade am Gipfeltreffen der Brics-Staaten gezeigt habe. Gleichzeitig zerstöre die Fortsetzung des Krieges die Ukraine. Die Wirtschaft wachse in diesem Jahr nur um drei Prozent, nachdem sie 2022 um 30 Prozent geschrumpft sei. Die Fortsetzung des Krieges mache den Wiederaufbau unmöglich. Wenige wollten Investitionen tätigen, weil diese in Schutt und Asche enden. Die Misere breite sich aus; die Bürger litten u